Sıla yolu, Autoput, Todesstraße, Heimatweg – die ehemalige Europastraße 5 (E5) zwischen Deutschland und der Türkei hat viele Namen. Die Transitstrecke diente ganzen Generationen von Arbeitsmigrant*innen als Hauptverbindungsweg zwischen Westeuropa und ihren Herkunftsstaaten. Noch immer ist die einstige „Gastarbeiterroute“ eine wichtige Strecke für Urlauber*innen, Pendler*innen sowie die neuen Migrant*innengruppen – und auch wir sind seit fünf Jahren jeden Sommer hier unterwegs.

Auf der alten und neuen Route – auf dem Weg in Richtung Türkei und zurück – führten wir zahlreiche Gespräche mit Reisenden und haben immer wieder aufs Neue die Autobahn, das Fahren und das unvergleichliche Flair der Raststätten genossen. Wir begannen Text- und Bildmaterial von gestern und heute zu sammeln, zu filmen und Interviews mit Familien, Autobahnkenner*innen und Picknickexpert*innen zu führen. Dabei haben wir einiges erlebt und viel von den Expert*innen der Autobahn erfahren: von der Strecke, vom alten und neuen Europa, von Grenzen und Hindernissen und von den sich verändernden Landschaften entlang des sıla yolu (zu Deutsch: Heimatweg). Wir als Künstler*innen und Forscher*innen waren dabei nicht nur Beobachtende, sondern auch Handelnde, indem wir immer wieder die Reise selbst erFAHREN haben.

In einer audiovisuellen Installation, die in einen Ford Tranist (Baujahr 1985) eingebaut, an verschiedenen Orten in Berlin Station macht, wird die Autobahnroute zwischen Deutschland und der Türkei in all ihren Facetten thematisiert. Im Anschluss an die Ausstellung in Berlin werden wir uns noch einmal mit unserem Ford Transit auf den sıla yolu begeben, um dann die Installation im Ausstellungsraum Depo in Istanbul zu zeigen.

Im Fokus unseres Ausstellungs-Projektes SILA YOLU- Der Ferientransit in die Türkei und die Erzählungen der Autobahn steht das individuelle und kollektive Suchen eines Wegs, das Finden von Destinationen und Startpunkten, das Machen von Wegstrecke und das Mitbringen und Mittransportieren von Erwartungen, Fantasien, Erinnerungen und Artefakten. Das Projekt setzt sich nicht nur mit dem physischen Weg zwischen zwei Orten auseinander, sondern auch mit dem komplexen Emotionsraum, in dem die Konzepte von Kultur, Identität und Gemeinschaft rasant oszillieren, aber manchmal auch an unverrückbare Vorstellungen gefesselt sind.

Wir laden Sie ein auf die Fahrt in unseren Transitraum und wünschen viele interessante Eindrücke und neue Perspektiven auf einen wichtigen Teil deutsch-türkischer Migrationsgeschichte, der mit diesem Ausstellungsprojekt hoffentlich eine größere Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit erlangt als dies bisher der Fall war.